Direkt gegenüber dem Residenzschloss in Ludwigsburg baut die IMMOVATION-Unternehmensgruppe ein Wohnquartier. Zwei denkmalgeschützte Gebäude an der Schlossstraße sind Teil des Projektes – sie werden umfassend saniert: der Grafen- und der Gesandtenbau. Hier entstehen Räume für eine gewerbliche Nutzung.
Das Kulturdenkmal Gesandtenbau wurde vermutlich schon 1718/19, also bereits einige Jahre vor dem barocken Palais “Grafenbau” errichtet. Die beiden Gebäude sind zwar von ihrer Erscheinung her recht verschieden. Zudem wirkt der Grafenbau wie ein Solitär. Dennoch bilden sie eine repräsentative städtische Hofanlage. Es finden sich daher auch entsprechende Verbindungen und Durchgänge. Die Fassaden-Gliederung hat sich über die Jahrhunderte insgesamt gut erhalten. Die Raumstrukturen im Gesandtenbau sind überdies noch gut ablesbar und im Grafenbau nahezu unverändert überliefert.
Initiator Herzog Eberhard Ludwig
Der Erbauer des Grafenbaus ist Donato Giuseppe Frisoni, den Herzog Eberhard Ludwig ihn im Februar 1715 zu seinem Architekten ernannt hatte. Der Gesandtenbau ist nach einem Wohnhaustyp gebaut, der auf Frisonis Entwürfe zurückgeht. Durchgeführt wurde der Bau jedoch von “Obervogt Gottlob Friedemann aus dem Geschlecht derer von Pöllnitz” wie es in den Archiven heißt. Beide Gebäude entstanden dort zu Lebzeiten von Herzog Eberhard Ludwig. Auf ihn geht maßgeblich die barocke Gründung von Residenzschloss und Stadt Ludwigsburg zurück.
Gesandtenbau: Akademie, Bibliothek … Polizeirevier
In den letzten drei Jahrhunderten erlebte der Gesandtenbau eine wechselvolle Geschichte: 1721 – kurz nach der Fertigstellung – wurde er zum Wohnsitz des Oberhofmarschalls Friedrich Wilhelm von Grävenitz, dem Bruder von Wilhelmine von Grävenitz, die wegen ihrem “Verhältnis” zum Herzog Eberhard Ludwig bis heute eine gewisse Bekanntheit genießt.
Anschließend folgten weitere Nutzungen: Eine Zeit lang beherbergte das Gebäude die von Herzog Carl Eugen gegründete „Académie des Arts“, also die Kunstakademie. Dort wurden die Schüler von Künstlern des Hofes einerseits im Zeichnen, in Malerei, Bildhauerei und andererseits in Baukunst unterrichtet.
Außerdem fand sich dort die herzogliche Bibliothek. Sie war die erste öffentliche Bibliothek des Landes! Schnell wurde sie darüber hinaus zur größten deutschen Bibliothek. Sie bot dem Publikum mehr als 100.000 Bände. Der Herzog hatte zu diesem Zweck nämlich eine eigene Verfügung erlassen. Aufgrund dieser Verfügung hatte jeder Beamte in Ludwigsburg ein Pflichtexemplar abzugeben.
Der Gesandtenbau beherbergte bis 1871 das Ludwigsburger Gouvernement. Aufgabe eines Gouverneurs war die Regelung und des Weiteren die Überwachung des Garnisonsdienstes. Er besaß daher die oberste Befehls- und Gerichtsgewalt über die in Stuttgart beziehungsweise in Ludwigsburg garnisonierten Truppen. Später wurden beide Häuser von der Polizei genutzt. Seit 2008 stand das Gebäude leer.
Quellen:
www2.landesarchiv-bw.de
www.sueddeutscher-barock.ch
www.schloss-ludwigsburg.de
Bildquellen
- Herzog 300×219: © IPSAK (IMMOVATION-Unternehmensgruppe)
- Gesandtenbau 1: © IPSAK (IMMOVATION-Unternehmensgruppe)